Ab dem 19. April 2021 wird vor dem Stuttgarter Landgericht gegen zwei Antifaschisten verhandelt. Der Prozess ist aktuell bis Ende September 2021 terminiert und findet in den Räumen des OLG in Stuttgart-Stammheim statt. In der dortigen JVA sitzt aktuell auch einer der beiden Angeklagten in Untersuchungshaft.
Die Solidaritätskampagne „Antifaschismus bleibt notwendig!“ ruft am Tag des Prozessstarts zu einer Kundgebung vor dem OLG-Gebäude in Stuttgart-Stammheim auf. Auch alle weiteren Prozesstage sollen begleitet werden. „Für uns sind das Verfahren und die Ermittlungen absolut politisch motiviert und zielen auf die Spaltung und Kriminalisierung der gesamten antifaschistischen Bewegung ab“, erklärt Marius Brenner für die Kampagne. „Mit unserer Kundgebung zeigen wir uns solidarisch mit den beiden Angeklagten und wollen eine Gegenöffentlichkeit schaffen.“
Anlass des Verfahrens gegen die beiden als Jo und Dy bekannten Aktivisten ist eine Auseinandersetzung zwischen Antifaschisten und organisierten Nazis der rechten Scheingewerkschaft „Zentrum Automobil“. Beide Gruppen waren am Rande einer großen Querdenken-Kundgebung auf dem Cannstatter Wasen am 16. Mai 2020 aufeinander getroffen.
„Während in vielen Teilen der Republik aufgrund der Covid-19-Pandemie die Bürgersteige hochgeklappt wurden, ist damals in Stuttgart eine rechts-offene Massenbewegung entstanden.“ führt Marius Brenner aus. „AntifaschistInnen haben die Gefahr früh erkannt, öffentlich auf die Beteiligung organisierter Nazis hingewiesen und noch vor dem Sturm auf die Reichstagstreppen und den Großdemonstrationen in Leipzig und Kassel vielschichtigen Widerstand organisiert.“
„Die Auseinandersetzung am 16. Mai 2020 hat zum vorläufigen Ende von Querdenken in Stuttgart beigetragen.“, so Brenner für die Solidaritätskampagne. „Stadt, Polizei und Politik waren damals weder in der Lage noch willens dem rechten Treiben etwas entgegen zu setzen. Wenn wir uns die aktuelle Querdenken-Großdemo vom 3. April 2021 ansehen, sind sie es augenscheinlich auch heute nicht. Hier ist die antifaschistische Bewegung mit Aufklärung, Protesten und Widerstand gefordert.“
Ein Teil der Nazis von „Zentrum Automobil“ rund um den ehemaligen Rechtsrock-Musiker Oliver Hilburger, den IB-Aktivisten Simon Kaupert und den verletzten Pressesprecher der Gruppe, Andreas Ziegler, waren zum Tatzeitpunkt mit Schlagringen bewaffnet. „Die Mär von einem Angriff auf friedliche Corona-Kritiker weisen wir deswegen zurück. Die Nazigruppe scheint vorbereitet gewesen zu sein.“ ergänzt Brenner. Das verdeutliche einmal mehr die unmittelbare und konkrete Gefahr, welche von der Gruppe um Oliver Hilburger, der auch Kontakte zu im NSU-Prozess verurteilten Nazis unterhält, ausging.
Für Marius Brenner ist auch der Vorwurf des versuchten Totschlags, den die Staatsanwaltschaft Stuttgart zur Anklage gebracht hat, nicht haltbar. Schon aus einem anonymen Selbstbezichtigungsschreiben mutmaßlich beteiligter AntifaschistInnen, welches wenige Tage nach dem Angriff veröffentlicht wurde, gehe klar hervor, dass eine Tötungsabsicht nie bestanden habe. Brenner ergänzt: „Militanter Widerstand gegen Faschisten ist weder Selbstzweck noch besonders schön, historisch gesehen aber als Teil eines vielschichtigen antifaschistischen Widerstands alternativlos. Am Ende geht es darum, einzuschreiten, bevor es zu spät ist.“ Das Problem seien organisierte und gewalttätige Nazis und deren Nähe zum Rechtsterrorismus, nicht die Menschen die sich gegen diese rechten Umtriebe zur Wehr setzen.
Solidaritätskampagne “Antifaschismus bleibt notwendig!”
Solidarische Prozessbegleitung am 19. April 2021 vor dem OLG Stuttgart-Stammheim
Informationen und Hintergründe: www.notwendig.org
Presseansprechbarkeit: Marius Brenner | notwendig[at]riseup.net
Am 19. April 2021 vor Ort ansprechbar sowie tagsüber erreichbar unter 0152 18735753