Grußwort des frisch aus der Haft entlassenen Genossen Jo
Liebe Genoss*innen,
am 18.3. steht für uns die Solidarität mit den politischen Gefangenen einmal im Mittelpunkt von Aktionen und Co.
Dass Solidarität ein Hauptmerkmal unserer Bewegung ist, wird jeder*m klar, die*der mal auf einer unserer Veranstaltungen war. Egal ob bei der Verteidigung der Revolution in Rojava auf deutschen Straßen, bei Protesten gegen Rechte und Faschist*innen oder der Unterstützung der Klimaproteste im Dannenröder Forst; ohne Zusammenhalt, gegenseitige Unterstützung und Hilfe kann es keine erfolgreiche linke Bewegung geben. Ein wichtiger Teil der umfassenden Solidaritätsarbeit ist die Unterstützung der politischen Gefangenen, welche mir bis zu meiner Entlassung Mitte Januar 2021 zugute kam.
Am 2. Juli letzten Jahres kam es in mehreren Städten in Baden-Württemberg zu Hausdurchsuchungen und der Festnahme von mir. Anfang November gab es eine zweite Inhaftierung, seitdem sitzt der Genosse Dy ebenfalls hier in Stuttgart-Stammheim in U-Haft. Der Vorwurf gegen uns lautet, dass wir an einem Angriff auf Mitglieder der rechten Pseudogewerkschaft „Zentrum Automobil“ beteiligt gewesen sein sollen. Aber nicht nur unser Fall zeigt, dass die Repression gegen Linke und Revolutionär*innen zunimmt. Das § 129-Verfahren gegen den Roten Aufbau in Hamburg, das § 129a-Verfahren in Frankfurt und Leipzig, die Festnahme der Genossin Lina in Leipzig und der Genoss*innen im MIEZE-Komplex sowie der Beginn des ersten Rondenbarg-Prozesses gegen fünf Beschuldigte: Mensch muss blind sein, um nicht zu merken, dass der deutsche Staat die Schrauben in letzter Zeit merklich anzieht.
Dies passiert nicht zufällig zu einem Zeitpunkt, in dem sich die Wirtschaft nicht nur wegen Corona in der Krise befindet. Die Herrschenden bereiten sich schon länger auf eine härtere Auseinandersetzung mit uns Kommunist*innen und Revolutionär*innen vor, wie mensch anhand der Verschärfung der Polizeigesetze in vielen Bundesländern vor wenigen Jahren sehen konnte. Denn diejenigen, die die Macht im Staate haben, also die Politiker*innen und die durch sie vertretenen Firmenbesitzer*innen, Großkonzerne und Manager*innen, wissen schon lange, dass die nächste Wirtschaftskrise nicht mehr so gut geht wie 2008. Die Gefahr, die der wirtschaftliche Abschwung für die herrschende Klasse darstellt, ist nicht, dass deren jeweiliges Privatvermögen darunter leiden könnte, sondern dass wir, also die Menschen, die nichts haben als ihre Arbeitskraft und diese an die Kapitalist*innen verkaufen müssen, um zu überleben, uns unserer Macht bewusst werden und gegen ein System aufbegehren, das für uns nicht viel mehr zu bieten hat als Niedriglöhne und Altersarmut. In der Krise, mit ihrer Kurzarbeit und den massenhaften angedrohten Entlassungen, erkennen immer mehr Menschen, dass der Kapitalismus überwunden werden muss, um Schluss zu machen mit der ewig wiederkehrenden Angst um die eigene Existenz.
Das ist aber nicht nur eine Gefahr für die Mächtigen, sondern auch eine Chance für uns, wenn wir jetzt auf unsere Kolleg*innen zugehen und ihnen reale Alternativen aufzeigen. Es ist in Krisenzeiten noch wichtiger als sonst, den Aufbau der eigenen Seite voranzutreiben.
Damit handeln wir natürlich entgegen der Interessen derer, die allen Reichtum in diesem Land besitzen. Deswegen reagieren sie mit umfassender Repression, um uns zu schwächen und in unserer Szene kleinzuhalten. Denn da stellen wir keine Gefahr dar, erst in der Zusammenarbeit mit der arbeitenden Bevölkerung sind wir eine ernstzunehmende Bedrohung.
Der falsche Weg wäre es, uns einschüchtern zu lassen und aus Angst, wegen der nächsten Demonstration eine Anzeige zu kassieren oder gar im Gefängnis zu landen, nicht mehr auf die Straße zu gehen. Uns hilft nur die viel beschworene Solidarität, dass wir uns gegenseitig unterstützen und helfen, wo wir nur können. Wenn wir zusammenhalten, uns nicht spalten lassen, dann kann der Staat noch so viele von uns einsperren, aber Erfolg wird er damit nicht haben.
Das Wissen, dass mensch von seinen Genoss*innen immer unterstützt wird, hilft über jede noch so schwere Situation, mensch fühlt sich nicht mehr allein und bekommt Kraft für alle kommenden Kämpfe. Das gilt natürlich ganz besonders im Knast. Es gibt kein schöneres Gefühl als die unbändige Freude, die mensch verspürt, wenn vor den Mauern ein paar Genoss*innen ein Feuerwerk veranstalten oder wenn mensch die vielen Solidaritätsnachrichten liest, die eine*n von überall her erreichen.
Nur so können wir die Angriffe auf uns abwehren und unsere Stärke erhalten.
„Habt Mut zu kämpfen! Habt Mut zu siegen! Denn für alles Reaktionäre gilt, dass es nicht fällt, wenn man es nicht schlägt“
Lasst uns so handeln, damit wir Erfolg haben werden