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19. Juli 2021: Bericht zum 14. Prozesstag
Auswertung zur überregionalen Demonstration am 20. März 2021 in Stuttgart
weihnachtliche Grüße nach Stammheim
Grußwort von Jo
Liebe Genossinnen und Genossen,Repression ist für uns als Linke nichts Neues. Seit dem Aufkommen der ArbeiterInnenbewegung im Zuge der Industriellen Revolution nutzt der Staat alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel, um unsere Bewegung klein zu halten.Dieser Staat ist aber Werkzeug derer, die allen gesellschaftlichen Reichtum besitzen, also der Fabrikanten, Manager und Großgrundbesitzer.Daran hat sich nichts geändert, egal ob im Kaiserreich, der Weimarer Republik, während dem Faschismus oder in der BRD. Natürlich war die Härte, mit der die Unterdrückung der arbeitenden Massen vorrangetrieben wurde, nicht immer gleich:zum Glück sind wir heutzutage weit von Festungshaft und Todesstrafe wie unter der Hohenzollernmonarchie entfernt, ganz zu schweigen von den unvergleichbaren Greueltaten der Nazis. Aber die Macht besitzen seit jeher die gleichen.Das Ausmaß der Unterdrückung ist immer auch Gradmeßer für den Erfolg unserer Bewegung. Wenn die Kapitalisten ihre Macht in Gefahr sehen, setzen sie vermehrt auf Repression.Deswegen dürfen wir uns erst recht nicht unterkriegen lassen, wenn es mal vermehrt zu Festnahmen und Razzien kommt, wie es seit dem G20-Gipfel deutschlandweit immer öfter erleben. Egal ob beim Kampf für höhere Löhne, bezahlbaren Wohnraum, echte Klimagerechtigkeit, für die Befreiung der Frau oder beim antifaschistischen Abwehrkampf; wir handeln nicht im Interesse der Kapitalisten, sondern in dem unserem!Wir müssen mit viel Mut weitermachen, weil wir auf dem richtigen Weg sein müssen, wenn wir als Revolutionäre von den Mächtigen wieder als Bedrohung wahrgenommen werden.Gegen ihre Repression hilft nur unsere stärkste Waffe: die Solidarität. Aus eigener Erfahrung als Häftling in der JVA Stammheim weiß ich, dass es kein besseres Gefühl gibt, als die uneingeschränkte Solidarität seiner GenossInnen zu erfahren. Sie ist das, was einen selbst in schwersten Zeiten weitermachen lässt. Ohne sie sind wir nichts. Deswegen: organisiert euch in der Roten Hilfe und handelt euren GenossInnen gegenüber stets solidarisch. Wenn wir zusammenstehen, kriegt uns kein Staatsanwalt und kein Gefängnis klein.Hoch die internationale Solidarität!
[Kundgebung] Gemeinschaftlicher Widerstand gegen Repression
Die bundesweite Kampagne Gemeinschaftlicher Widerstand ruft am 28. November anlässlich des Beginns der G20-Rondenbarg Verfahren zu einem dezentralen Aktionstag auf. Ihm Rahmen dessen fand bereits am heutigen Freitag, 27.11., in Stuttgart eine Kundgebung und Infoveranstaltung statt.
Mit der Kundgebung, zu der verschiedene linke Gruppen aus Stuttgart aufgerufen hatten beteiligten sich bis zu 60 Personen.
Neben dem anstehenden Rondenbarg-Pilotverfahren wurde die Repression gegen die antifaschistische Bewegung thematisiert und momentane Repressionsverschärfungen in einen gesellschaftlichen Kontext eingeordnet.
So wurde von der VVN und der Solikampagne „Antifaschismus bleibt notwendig“ in ihren Reden die Repression gegen Antifas und Notwendigkeit zur Solidarität aufgegriffen und wir lieferten als Rote Hilfe einen Gesamtüberblick und Einordnung von Repression.
Darüber hinaus gab es verschiedene Grußworte: von dem Antifaschisten Jo, der seit Juli in Stammheim in U-Haft sitzt, von den Angeklagten im aktuellen G20-Rondenbarg-Prozess, Fabio, gegen den das erste Rondenbarg-Verfahren lief und von der Linksjugend`solid.
Ergänzt wurde das ganze durch eine Videoinstallation, die Polizeigewalt, für niemanden leugbar, zeigte und einer Infowand, die genauer auf die Hintergründe der Inhaftierung zweier Antifaschisten aus dem Raum Stuttgart einging.
Diese zogen die Aufmerksamkeit vieler Passant*innen an, die auch den Reden folgten und sich am Infotisch informierten.
Im Anschluss an die Kundgebung gab es noch ein Solibild für Jo und Lina, die anfang November in Leipzig inhaftiert wurde und der vorgeworfen wird, Teil einer kriminellen Vereinigung nach §129 zu sein.
Deutlich wurde mit der Kundgebung gezeigt, dass wir uns als linke Bewegung in Stuttgart nicht einschüchtern lassen und gemeinsam Repression entgegnen werden.
Im Anschluss an die Kundgebung fand im Linken Zentrum noch eine Infoveranstaltung „G20, Repression, Rondenbarg“ statt, die genauer auf die Hintergründe des Gipfels, dessen Bedeutung, der Repression und die anstehenden Verfahren einging.
Zusätzlich wurden Ticket für den Bus zur bundesweiten Demonstration am 05.12. in Hamburg verkauft.
[Interview] »Das Ganze wirkt wie eine staatliche Racheaktion«
Anfang dieses Monats durchsuchte die Polizei in sieben Städten Baden-Württembergs die Wohnungen von neun linken Aktivistinnen und Aktivisten. Aus welchem Grund? Begründet wurden die Razzien mit dem Vorwurf, die Betroffenen seien an einer Auseinandersetzung am Rande einer sogenannten Hygienedemo in Stuttgart beteiligt gewesen, bei der ein Neonazi der Pseudogewerkschaft »Zentrum Automobil« schwer verletzt wurde. Vorgeworfen wurde allen Betroffenen schwerer Landfriedensbruch und einer Person, die momentan in Untersuchungshaft sitzt, auch versuchter Totschlag. »Zentrum Automobil« hat unter anderem enge Kontakte ins NSU-Umfeld (»Nationalsozialistischer Untergrund«, jW). Der Vorsitzende war Gitarrist der Neonaziband, die den Soundtrack für das NSU-Bekennervideo komponierte.
Sie waren auch selbst von der Durchsuchungsaktion betroffen. Das gegen Sie gerichtete Verfahren wurde jedoch in der vergangenen Woche eingestellt, weil Sie zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung nicht in Stuttgart waren. Wie erklären Sie sich, dass Sie trotzdem Opfer der Polizeiaktion wurden? Die Staatsanwaltschaft gab öffentlich zu, dass ich unschuldig bin. Eingestellt wurde das Verfahren gegen mich bislang aber gar nicht, obwohl das in der Presse behauptet wurde. Die Staatsanwaltschaft verlangt von uns, zuerst eine Beschwerde gegen den offensichtlich unbegründeten Polizeieinsatz zurückzuziehen. Anscheinend hat man etwas zu verbergen und versucht sich nun in staatlich organisierter Erpressung. Allgemein wirkt die ganze Aktion beginnend mit der Razzia wie eine staatliche Racheaktion für meine Recherchen zum baden-württembergischen Polizeigesetz und zu rechten Terrornetzwerken im Staatsapparat, die ich zum Teil in meiner Funktion als wissenschaftlicher Mitarbeiter für einen Bundestagsabgeordneten erbracht habe. Bei der Razzia wurden unter anderem Datenträger für die parlamentarische Arbeit beschlagnahmt. Das waren Geräte des Bundestags, auf denen auch nicht öffentliche Dokumente aus einem Ausschuss gespeichert waren. Es sind also sensible Informationen in die Hände der Polizei gefallen, die dort nicht hingehören.
Also ging es auch um Einschüchterung? Ja, dieses Gefühl drängt sich auf. Es ist definitiv einschüchternd, wenn der Staat beweist, dass er – auch ohne wirklichen Grund – in meinen intimsten Privatbereich eindringen, meine Mitbewohnerinnen und Mitbewohner terrorisieren, mich einfach mitnehmen und mir gegen meinen Willen Blut abnehmen kann. Es wirkt auf mich so, als hätten sich die Polizisten eine Reihe von Aktivisten ausgesucht, gegen die sie schon immer ermitteln wollten und die sie schon immer ausleuchten und einschüchtern wollten. Dennoch lasse ich mich davon nicht beeindrucken.
Wie ist die Durchsuchung abgelaufen? Morgens um sechs Uhr stürmte eine vermummte und schwer bewaffnete Spezialeinheit der Polizei das Wohnprojekt, in dem ich wohne, rammte Türen auf und verteilte sich schnell in meinen Räumen. Mitbewohnerinnen wurden zum Teil nackt von maskierten Beamten mit Taschenlampen angeleuchtet. Ich wurde beim Zugriff leicht verletzt. Wir alle wurden durch diese Razzia, die im übrigen bereits die zweite in diesem Jahr war, in übelster Weise aus unserem Alltag gerissen. Beschlagnahmt wurden interessanterweise hauptsächlich Datenträger und so gut wie keine Kleidung, die meine (Nicht-)Anwesenheit am Tatort hätte belegen können.
Werden Sie sich nun juristisch zur Wehr setzen und versuchen, für das erlittene Unrecht entschädigt zu werden? Wir prüfen momentan, wie wir uns zur Wehr setzen und versuchen auch, eine Entschädigung zu erhalten. Viel erwarte ich jedoch nicht an Rekompensation vom Staat. Bislang weigern sich Staatsanwaltschaft und Polizei, sich überhaupt bei mir zu entschuldigen.